das entsetzen will nicht weichen, der alptraum nicht enden

über antisemitismus, terror und den tod

I
seitdem die islamistische terrorgruppe hamas am samstagmorgen aus dem gazastreifen mit unvorstellbarer grausamkeit die israelische bevölkerung angegriffen und - stand jetzt - über 1200 menschen, die große mehrzahl jüd*innen und juden, ermordet und über 150 als geiseln nach gaza verschleppt hat, halten wir den atem an. als das erste antisemitische pogrom im eigenen land, beschreiben jüd*innen und juden unter schock, agonie und verzweiflung das, was niemand für möglich gehalten hat, außer diejenigen, die seit jahrzehnten genau dieses ziel verfolgen: möglichst viele jüd*innen und juden zu ermorden. die islamisten der hamas haben der welt auf monströse weise demonstriert, was sie sind: todfeinde der freiheit, der emanzipation, des lebens.
viele, die bei uns arbeiten, auflegen, veranstalten, tanzen gehen, sind betroffen: weil sie freund*innen, angehörige, bekannte in israel und gaza haben, die traumatisiert sind, vermisst werden, entführt oder getötet wurden oder ihnen nahestehende menschen verloren haben oder um sie bangen. ihnen allen möchten wir unsere solidarität, unser mitgefühl, unsere zugewandtheit ausdrücken, bei ihnen sind unsere gedanken, unsere trauer, unsere erschütterung.

II
fassungslos nehmen wir zu kenntnis, wie einzelpersonen, künstler*innen und gruppen aus der clubszene und der linken diesen antisemitischen terror der hamas als "dekolonialismus", als "palästinensischen freiheitskampf" oder als "widerstand gegen die israelische unterdrückung" deuten, rechtfertigen oder sogar feiern. wo eine linke das eine vom anderen nicht unterscheiden kann, haben wir keine hoffnung mehr.
und wir fragen uns, wie es etablierte sprachrohre der clubkultur fertigbringen, trauer und bedauern über die massaker an über 260 besucher*innen des supernova trance-festivals auszudrücken, ohne diesen vernichtungsfeldzug als eliminatorischen antisemitismus zu erkennen und als den größten massenmord an jüd*innen und juden seit dem ende der nationalsozialistischen vernichtungslager 1945 zu benennen. auf diese weise werden die ermordeten jüd*innen und juden unsichtbar gemacht.

III
wir ahnen, dass auch die plakative solidarität der deutschen mit israel endlich ist und die empörung über den hamas-jubel auf der sonnenallee und die israelfeindlichen tiraden auf palästina-soli-demos vor allem von rechten und rechtsextremen dazu instrumentalisiert werden, um antisemitismus als einwanderungsproblem zu framen, das sich "konsequent abschieben" ließe. und wir wissen, dass der virulente antisemitismus von afd und aiwanger von keinem bekenntnis zu israel übertüncht werden kann. es sind die bluttaten von halle und hanau, die mordserie des nsu wie die drohschreiben des nsu 2.0, die polizeichats aus hessen und die neonazi-netzwerke in der bundeswehr, die die verflechtung von judenhass und rassismus in einem immer weiter nach rechts rückenden deutschland deutlich machen.

IV
nichts, was vor uns liegt, bietet anlass zum feiern oder aussicht auf besserung. noch immer werden stündlich neue opfer entdeckt, noch immer sind über hundert geiseln verschleppt. noch immer fliegen raketen von und nach gaza. noch immer sterben palästinenser*innen bei den israelischen militäreinsätzen gegen die hamas, noch immer leben israelis in todesangst vor den raketen.
ein ende des leids scheint unabsehbar. unsere gedanken kehren zurück zu allen, die trauern und sich vor dem fürchten, was noch kommt. es bleibt ein alptraum ohne ende.

://about blank kollektiv + booking, 12. oktober 2023